OASE: Die Homöopathie wurde von dem deutschen Arzt Dr. Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755-1843) begründet. Seine Idee war, „Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen". Wie funktioniert diese Methode?
Dr. med. Angela Lehmann: Am einfachsten lässt sich das an einem Beispiel erläutern: Wenn etwa der Patient einen klaren, wässrigen Schnupfen hat, dann wird ein Stoff in homöopathischer Zubereitung eingesetzt, der genau diese Reize hervorruft. Das wäre in diesem Fall die Küchenzwiebel. Sie reizt beim Gesunden die Schleimhäute von Auge und Nase, das Ganze fühlt sich wie ein Fließschnupfen an. Krankheiten werden also durch Mittel behandelt, die am Gesunden Symptome hervorrufen, die den Krankheitssymptomen ähneln. Der Organismus des Patienten bekommt so den energetischen Anstoß, seine Abwehrkräfte zu stärken. Dadurch wird die Lebenskraft gesteigert und der Kranke geheilt.
OASE: Was sind Globuli und was ist unter der Angabe von Potenzen zu verstehen?
A. Lehmann: Globuli sind winzige Streukügelchen aus Sacharose, die mit einer Tinktur beträufelt wurden. Zur Herstellung der Urtinktur werden mineralische, pflanzliche oder tierische Stoffe verrieben und dann in eine Lösung gebracht. Dadurch verändert sich der Stoff und gibt Informationen an das Lösungsmittel ab. Das wird schrittweise verdünnt. Naturwissenschaftlich betrachtet ist dann kein Molekül mehr nachweisbar. Aus diesem Grunde bezweifeln oft die Naturwissenschaftler eine echte Wirkung der Homoöpathie jenseits des Placeboeffektes.
Nach Hahnemann entstehen durch das Verreiben und Verschütteln dynamische Kräfte. Das bezeichnete er als Dynamisierung oder Potenzierung.
OASE: Worauf beruht die Wirkung der Globuli?
A. Lehmann: Eine Reihe von Homöopathen und Wissenschaftlern versucht, die Wirkung der Homöopathie u.a. mit dem „Gedächtnis des Wassers“ zu erklären. Sie gehen davon aus, dass aufgrund der Zubereitungsart energetische Informationen an den Organismus übertragen werden. Die geben den Impuls zur Selbstheilung. In unseren Therapien ist zu beobachten: Je verdünnter der Ausgangsstoff ist, um so tiefer geht seine Wirkung. Niedrige Potenzen – wenig verdünnt – wirken eher organbezogen. Hohe Potenzen – stark verdünnt – wirken außerdem auch auf Geist und Gemüt.
OASE: Es geht also auch um die Psyche?
A. Lehmann: In der Homöopathie wird eine Krankheit über die körperlichen Symptome und über die Seele erschlossen. Die Einheit von Körper, Geist und Seele steht hier im Mittelpunkt. Da Zuhören ist bei der homöopathischen Behandlung Voraussetzung für alle Therapien. Wir gehen davon aus, dass viele Symptome in einen Zusammenhang gebracht werden können. Das Wesen des Menschen spielt auch eine Rolle, ebenso sein Lebensumfeld. Darum werden in der Homöopathie Menschen mit gleichen Beschwerden oft unterschiedlich behandelt.
OASE: Können homöopathische Behandlungen in jedem Krankheitsstadium Erfolg haben?
A. Lehmann: Eigentlich ist Homöopathie die Therapie des Anfangs. Leider kommen die meisten Patienten erst zu uns, wenn eine schulmedizinische Behandlung nicht wie gewünscht anschlug. Doch auch dann kann die Homöopathie noch sehr gute Erfolge erzielen, ganz besonders bei chronischen Erkrankungen wie Asthma, Neurodermitis, Rheuma, Heuschnupfen. Selbst Stress-Symptome wie Burnout oder Schulängste können mit homöopathischen Mitteln therapiert werden.
