Jetzt zieh dich endlich an, wir müssen los ...“, die Mutter drängt zur Eile, aber die kleine Lene malt ihr Bild weiter; sieht und hört nichts um sich herum. Kleine Kinder beherrschen noch perfekt, wofür Erwachsene Anleitungen von diversen Wohlfühl-Ratgebern bekommen. Für dieses völlige Vertieftsein ist sogar ein neuer Name in Mode: Flow. „Im Flow-Erlebnis schieben Sie alle störenden Gedanken beiseite und nehmen eine angenehme Umgebung mit allen Sinnen wahr“, lese ich nach und erfahre, dass der Flow Glücksgefühle schenkt.
Der Flow stellt sich nicht automatisch ein. Vor allem nicht, wenn für ihn weder Tür noch Fenster geöffnet werden. Vielleicht, weil der Bus zum Kindergarten nicht wartet, bis Lene ihr Bild fertig gemalt hat. Das stört die Fünfjährige herzlich wenig. Darum kann sie beim Malen glücklich sein. Erwachsene fädeln im Kopf eine Kette von Folge-Katastrophen auf. Auch bei gutem Willen lassen sich die störenden Gedanken oft nicht beiseiteschieben.
Eben kam ein Anruf von meiner Tochter: „Wir haben den Bus verpasst. Nun sitzen wir in der Sonne und wollen mal Hallo sagen, bis der nächste kommt.“ – Unabänderliches wird durch Groll eben nicht besser. „Mach das Beste draus“, hat meine Oma immer gesagt. Wer diese Volksweisheit beherzigt, kommt dem Glück schon auf halbem Wege entgegen.
Ich gebe zu: Das völlige Versunkensein passt tatsächlich nicht in jede Lebenslage eines Erwachsenen. Darum sind die gut beraten, die Flow-Momente bewusst in ihr Leben einbauen.
Gerade habe ich eine Woche voller Termine hinter mir. Noch dazu war das Wetter herrlich, und die Gartenarbeit (ver)lockte. Dem meditativen „Garteln“ kann ich kaum widerstehen. Eine Stunde wollte ich mir genehmigen. Im völligen Flow sind drei daraus geworden. Meine Texte habe ich trotzdem pünktlich geliefert. – Wahrscheinlich gerade deswegen. Glücksgefühle beschwingen und machen tatkräftig.
Zu täglichen Auszeiten übrigens verhilft mir meine neu angeschaffte Kaffeemühle. Den Bohnen beim Tanzen zuzusehen, entschleunigt. Das sind wahre Wohlfühlmomente mit beglückendem Duft.
Das Leben ist keineswegs grau!
Ihre Kathrain Graubaum