Wenn Häuser reden könnten – spannende Geschichten würden sie uns erzählen, die längst in Vergessenheit geraten sind, weil Menschen nicht alles aufschreiben, weil Dokumente verloren gehen, weil Erinnerungen verblassen ... Die Erinnerungen an die geselligen Zusammenkünfte im einstigen Klubhaus der Harzer Werke in Blankenburg sind zumindest Alteingesessenen noch in lebhafter Erinnerung. Schön soll es hier gewesen sein, als in Gaststätte und Saal Hochzeiten und Jugendweihen, Brigadefeste und Frauentage gefeiert wurden.
Manch einer hat vielleicht noch eine alte Postkarte, die mit dem gelben Backsteinbau in der Grefestraße illustriert ist.
Als sich Blankenburg Ende des 19. Jahrhunderts zum hübschen Harzstädtchen entwickelt hatte, wo sich viele Pensionäre und Regierungsbeamte niederließen, baute der Ziegeleibesitzer Wilhelm Grefe ein großes Doppelhaus mitten im Villenviertel am Waldrand. Der imposante Bau war 1896 fertig, dann zogen Konditorei, Café und ein Restaurant ein, zudem wurden Wohnungen bezogen und eine Pension eröffnet. 1911 ließ der damalige Besitzer Friedrich Bestehorn das Haus zu einem Hotel umbauen. Es war in Mode gekommen, dass die „Herrschaften“ aus Berlin zur Sommerfrische in den Harz reisten.
Als im Ersten Weltkrieg ein Lazarett einquartiert wurde, war die Zeit luxuriöser Erholungsaufenthalte vorbei. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Besitzer enteignet. Das Gebäude ging in den Besitz des Volkseigenen Betriebes (VEB) Harzer Werke über.
Seit einiger Zeit hat der Backsteinbau in der Blankenburger Grefestraße ganz berühmte Bewohner: „Cäsar & Cleopatra“. Der römische Kaiser und die ägyptische Königin lassen hier am Rande des Harzgebirges ihre einstige Affäre neu aufflammen. Und haben wohl den weitesten Weg aller bisheriger Mieter. Was tatsächlich auf den Betreiber des Restaurants für Spezialitäten aus dem Mittelmeer zutrifft. Der Ägypter Aiman Ibrahim, Diplomingenieur für Chemie, ging Ende der 1980er-Jahre für ein Aufbaustudium an die Technische Universität Berlin. Es war die wirre Wendezeit, eine historische Zeit, in der der Chemiker Aiman Ibrahim sein Hobby, das Kochen, zum Broterwerb machte. Er eröffnete mit seinem Bruder ein Restaurant – und blieb bis heute in Deutschland.
Erst in der Berliner Zeit, erzählt er, habe er sich intensiv mit den Lebensläufen von Cäsar und Cleopatra beschäftigt. Jetzt „verkuppelt“ er beider Heimatländer in seiner Küche. Wie heißt es doch hier in Deutschland: „Liebe geht durch den Magen.“ Wer es exotisch mag, kann sich vom Chef zu den landestypischen Gerichten beraten lassen, zu Linsen mit Nudeln und Reis beispielsweise.
Die letzten Jahre führte Aiman Ibrahim in Gernrode erfolgreich ein Restaurant. Jetzt will er auch in Blankenburg seine Mittelmeerspezialitäten anbieten. Als Restaurantleiterin konnte er die Blankenburgerin Monika Vogel gewinnen. Die nun wieder fühlte sich in ihrem Reich gleich zu Hause. „Das Restaurant befindet sich im einstigen Brigadezimmer des Klubhauses“, weiß sie und zeigt auf die original erhaltenen Reliefs an der Wand – damals Symbole für das Klubhaus als gern genutzte Begegnungsstätte für die Bevölkerung. Die „hinzugezogene“ Cäsar-Büste visavis hat die Werktätigen genau im Visier.