Das anhaltische Köthen ist seit März 2013 offiziell die Welthauptstadt der Homöopathie. Die Liga Medicorum Homoepathica Internationalis – der homöopathische Weltärzteverband – hat seinen Hauptsitz von Genf nach Köthen verlegt. Eine neue Plakette am einstigen Wohnhaus des Arztes Dr. Samuel Hahnemann kündet davon. Engagierte Politiker, Touristiker, Marketingexperten und Bürger der Stadt sehen dies als Erfolg ihres Strebens, auch mit der Homöopathie die Wirtschaftskraft ihrer als Bach-Stadt berühmten Kommune zu stärken. Seit Jahren schon entwickelt sich Köthen mehr und mehr zu einem Wallfahrtsort für Anhänger der Homöopathie. Deren Begründer Hahnemann hatte sich 1821 hier niedergelassen, um den Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen zu behandeln. Der Herzog schuf seinem Arzt günstige Bedingungen, um Forschung und Praxis fruchtbringend miteinander zu verbinden. Hahnemanns Heilmethoden erleben derzeit eine große Renaissance.
2010 zog die „Europäischen Bibliothek für Homöopathie“ von Hamburg nach Köthen, wo Hahnemanns Lehre ihre Kinderstube hatte. Im neuen Domizil trifft helle moderne Architektur auf klassizistische Bauweise. Gläserne Transparenz umhüllt das barrierefreie Treppenhaus. Es gehört ins „Jetzt“ und trägt Bauhaus-Handschrift. Die Erben der Dessauer Schule der Moderne waren Initiator und maßgeblicher Impulsgeber für die landesweiten Projekte zur Internationalen Bauausstellung IBA 2010; so auch für den Bau der „Europäischen Bibliothek für Homöopathie“ in Köthen. Die Regale hier sind vollgestellt mit homöopathischem Wissen aus zwei Jahrhunderten. Als „Hafen des Wissens“ wird die Bibliothek bezeichnet. Darum war es von starker Symbolkraft, dass die Bestände aus einem Hamburger Nachlass 2010 per Schiff elbaufwärts hierher gebracht wurden.
Die homöopathisch Arbeitenden und Interessierten kommen wegen des Buches, das schon viele andere vor ihnen in der Hand hielten. Sie kommen, um darin zu blättern, um Seite für Seite zu vergleichen, worin sich die Ausgaben unterscheiden. Es kommen auch viele Architekturbegeisterte, die sich für das IBA-Projekt interessieren und dafür was aus dem klassizistischen Bau von 1829, dem einstigen Spital des Klosters der Barmherzigen Brüder, geworden ist – dem IBA-Thema sei Dank, das da lautete: „Homöopathie als Entwicklungskraft“.
In der Köthener Wallstraße 47 hat Hahnemann von 1821 bis 1835 gewohnt und seine Praxis geführt.
„Das Heilvermögen der Arzneien beruht auf ihren der Krankheit ähnlichen und dieselbe an Kraft überwiegenden Symptomen.“
Häuser mit Paragrafen aus dem „Organon der Heilkunst“ an ihrer Fassade weisen den Weg von der Wallstraße 47 über die Lutzeklinik zum Schloss. Hahnemann hatte es nur ein paar Schritte bis zu seinem Gönner, der ihm die homöopathische Forschung ermöglichte: Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen ließ eine Nervenkrankheit von ihm behandeln – wohl erfolgreich, wie es in Überlieferungen heißt. Das Stück Weges, das Hahnemann täglich mehrmals unter die Füße nahm, ist heute als Hahnemann-Lutze-Pfad kenntlich gemacht. In Erinnerung auch an den Heilpraktiker Arthur Lutze, der ab 1846 in Köthen wirkte und hier die weltweit erste homöopathische Klinik errichtete. Auch dieses Gebäude strahlt ob seiner Sanierung. Eine kirchliche Stiftung plant hier Betreutes Wohnen. Der Oberbürgermeister der Stadt hat die Vision, dass an diesem Ort die Pflege am Menschen und praktizierte Homöopathie zusammenfinden.