Was macht das Glück mit einem Menschen, der sich berufsmäßig mit diesem Hochgefühl beschäftigt? Jan Delhey lacht und denkt kurz nach: „In guten Momenten hilft es mir, stärker zu reflektieren, was ich gerade tue und dass mir Ärger jetzt gar nichts bringen würde. In vielen anderen Momenten macht es gar nichts mit mir.“ Zuvorderst sei es der Sport, der seine Glücksgefühle anrege. Im Sattel seines Fahrrades habe er in Magdeburg schon viele solcher Momente erlebt, meint der Wissenschaftler. Das grüne Magdeburg an dem blauen Band der Elbe macht also frohgelaunt? Der Glücksforscher nickt. Die Stadt mit ihrem Wohlfühlfaktor Natur sei durchaus ein positiver Bestandteil der objektiven Lebensbedingungen.
Ohne die politische Wende 1989 wäre das Leben von Jan Delhey gewiss anders verlaufen. Im Süden Deutschlands an der Grenze zur Schweiz ist er aufgewachsen. Die Grenzöffnung allerdings erlebte er hautnah in Bamberg. „Als die Trabis in die Stadt fuhren und bejubelt wurden, war das für uns Soziologiestudenten ein ganz besonderes Erlebnis“, erinnert er sich und meint: „Ob man Umbrüche in der Gesellschaft oder im eigenen Lebenslauf als Herausforderung oder als Bedrohung empfindet, hängt stark von der existenziellen Sicherheit ab. Und die war nach der Wiedervereinigung für viele im Osten mit dem Niedergang der Betriebe gefährdet.“
Und wann ist Jan Delhey ausgezogen, um das Glück zu suchen? „Ich kam eigentlich durch meinen Doktorvater Wolfgang Zapf auf dieses Thema. Er hatte die amerikanische Glücksforschung in den 1970er Jahren nach Deutschland geholt. Damals war das ,subjektive Wohlbefinden‘ noch ein völlig neuer Begriff“, erzählt Delhey und dass er dieses Forschungsgebiet bis heute interessant und spannend findet. Denn „glücklich sein“ zu wollen sei erst in der wohlhabenden Gesellschaft zum zentralen Lebensziel der Bevölkerung geworden.
Der Wissenschaftler hat sogar eine Formel dafür entwickelt: HABEN+LIEBE+SEIN=GLÜCK. „Menschen sind dann glücklich, wenn sie ausreichend Geld zur Existenzsicherung haben, wenn sie gute soziale Kontakte zum Partner, zur Familie, zu Freunden pflegen und wenn sie einen Sinn in ihrem Leben sehen“, sagt er. Dieses Glücksrezept mit seinen Grundzutaten sei für Ost- und Westdeutschland gleichermaßen gültig gewesen. „Im Osten wurden die materiellen Lebensbedingungen etwas höher bewertet, weil das Ausgangsniveau niedriger lag als im Westen. Aber jeder konnte seine Glücksnische finden. Der persönliche Nahbereich war den meisten Menschen wichtiger als die Politik“, weiß Delhey. „Nach der Wende haben Gesundheit, Partnerschaft, Familie und der Job an Bedeutung für die Lebenszufriedenheit gewonnen. Je reicher die Gesellschaft, umso weniger wichtig sind die materiellen Dinge.“
Aus seinen internationalen Umfragen zur Lebenszufriedenheit hat der Soziologe als erster seines Fachgebiets nachgewiesen, dass den Menschen der gesellschaftliche Zusammenhalt enorm wichtig ist für ihr subjektives Wohlbefinden. Die große Frage sei es nun, wie man es schafft, den Zusammenhalt zu fördern, meint der Soziologe. Das interessiere mittlerweile sogar die Wirtschaftswissenschaftler.
Die Suche nach dem Glück bleibt also ein Dauerbrenner? „Ja sicher. Jeder will ein glückliches Leben führen. Damit wächst aber auch die Unsicherheit, wie man leben soll, denn die Lebensformen und -verläufe sind weniger verbindlich als früher, sagt Jan Delhey.
Fazit: Das Individuelle, das Unberechenbare bleibt wohl eine „Unbekannte“ in der Glücksformel.
