Umgeben von einem weitläufigen Park ist das 1910 als Herrenhaus erbaute Schloss Wendgräben wie gemacht für Erholung und Entspannung. Jetzt führen von hier aus „neue Wege zur Gesundheit“. Seit Herbst 2017 betreibt die Gezeiten Haus-Gruppe auch im sachsen-anhaltischen Wendgräben bei Magdeburg ein Fachkrankenhaus für psychosomatische Erkrankungen – und vereint in einem besonderen Konzept Therapieformen der westlichen Medizin mit denen der Traditionellen Chinesischen Medizin.
„Heilwerden kann nur der ganze Mensch, denn Symptome sind in der Regel Ausdruck einer Irritation im Gesamtsystem Mensch“ steht auf der Webseite der Gezeiten Haus Kliniken. Wer nach Schloss Wendgräben fährt, wird schon auf dem Weg dorthin eingestimmt auf die (Aus)Zeit im Rhythmus der Natur – in den „Gezeiten“ eben. Die Fahrt vorbei an Wiesen, Feldern und Wald entschleunigt. Am Ziel angekommen, hat der Prozess des Sicheinlassens auf die Natur schon begonnen. Zudem stellt sich bald heraus: Handys haben hier keinen Empfang. Die lokalen Gegebenheiten kommen dem Konzept des Gezeiten Hauses entgegen. Im Mittelpunkt stehen hier Achtsamkeit und Kreativität. „Wir arbeiten mit einer ganzheitlichen Sicht auf den Körper, um ihn wieder mit dem Geist und der Seele in Kontakt zu bringen“, sagt der ärztliche Leiter Dr. Dr. Klaus von Ploetz. „Es geht nicht vordergründig darum, ein Symptom „wegzutherapieren“. Wir wollen die Ursachen ergründen und die Menschen befähigen, ihren Körper neu zu erleben, auf seine Signale zu achten und sie zu verstehen.“ Der Chefarzt beschreibt das am Beispiel der Angststörung. „Angst hat eine Schutzfunktion. Aber wenn sie in Form von Panikattacken auftritt, nimmt sie dem Körper viel Energie und führt zu gesundheitlichen Schäden. Die chinesische Medizin hilft den Patienten, ihre Stärken gegen diesen Stress einzusetzen. Sie lernen, die Ursache für ihre Angstattacken – generell für ihre Krankheitssymptome – zu ergründen.“ In diesem Zusammenhang, so Klaus von Ploetz, gälte es beispielsweise, in Gesprächen herauszufinden, ob es wirklich ein „eigener“ roter Lebensfaden ist, den der Patient verfolgt.
„Die Chinesische Heilkunde greift auf über zweitausendjährige Erfahrungen zurück“, sagt der leitende Therapeut Jan Obendiek. „Die wollen wir mit dem westlichen Wissen zusammenbringen. In Kombination mit Behandlungsmethoden der Psychotherapie, der Psychosomatik wie auch der Schulmedizin entwickeln wir für unsere Patienten eine Basistherapie und eine individuelle Therapie. Jede Patientin, jeder Patient wird von einem Bezugstherapeuten betreut.“
Draußen auf der Parkbank sitzen zwei Menschen in Besinnung auf sich selbst, sie spüren den Atem des nahenden Frühlings. Andere wieder finden drinnen in der Bewegung ihre Entspannung. Qi Gong, Yoga, Atem- und Physiotherapie, Ruhe, Meditation und eine gesunde Ernährung bilden den Rahmen des Therapiekonzeptes auf Schloss Wendgräben.
„Die therapeutischen Gespräche finden einzeln, in der Gruppe und unbedingt auch mit Familienangehörigen statt“, sagt Klaus von Ploetz. Denn Ziel der Therapie ist es, die zwischenmenschlichen Beziehungen gesünder zu gestalten, Empathie neu zu lernen. Dazu gehöre vor allem, auch auf die eigenen Gefühle angemessen zu reagieren. „Oft verstehen wir andere besser als uns selbst“, sagt Therapeut Obendiek und vergleicht den Aufenthalt in Schloss Wendgräben mit dem in einer Lebensschule.
Wenn die Patienten von Schloss Wendgräben die therapeutische Gemeinschaft wieder verlassen, nehmen sie anstelle eines Medikamentes einen sinnbildlichen Notfallkoffer mit nach Hause. In schwierigen Lebenssituationen können sie dann Handlungsempfehlungen zu bestimmten Verhaltensweisen und Therapiemethoden auspacken. „Im Vertrauen auf die eigenen Impulse und Wahrnehmungen“, sagt Klaus von Ploetz. Leben im Rhythmus der Gezeiten heißt eben auch, Wandel und Veränderung im Vertrauen zu sich selbst zu meistern.