Bildunterschrift: Friseurmeister Detlef Müller (l.) nimmt die IZAG-Beratung durch Ralph Angerstein in Anspruch. Sie reicht vom Arbeitsschutz bis zur guten Unternehmenskultur.
Der Arbeitsplatz eine Oase? – Lange Zeit wurde in der Arbeitswelt hierzulande strikt getrennt zwischen dem Wohlfühl- und dem Arbeitsmodus. „Ach, wenn doch erst Wochenende wäre ...“ ist immer noch eine weit verbreitete Wunschvorstellung schon montags bei Arbeitsbeginn. Doch ist zu bedenken: Arbeitszeit ist auch Lebenszeit. Die (vielen) Stunden im Job so zu verbringen, dass die Arbeit Freude bereitet und nicht krank macht, ist Anliegen des „Instituts für Zukunftsorientierte ArbeitsGestaltung“. Mitbegründer und Geschäftsführer des IZAG, Ralph Angerstein, ist Inhaber eines Blankenburger Handwerksbetriebes und weiß aus eigenem Erfahrungsbereich: „Vom Mittelstand bis zum großen Unternehmen können die Firmen nur dann erfolgreich sein, wenn sie Bedingungen schaffen, die der Gesunderhaltung der Mitarbeiter dienen – der des Chefs inbegriffen.“
Das IZAG schließt sich der bundesweiten Initiative „Neue Qualität der Arbeit“ an und begleitet Sachsen-Anhalts kleine und mittelständische Betriebe auf dem Weg zu einer guten Unternehmenskultur. „Denn als Krankmacher Nummer 1 gelten Stress, psychische Belastungen – und eben Arbeitsbedingungen, die das Gegenteil einer Oase sind“, sagt Ralph Angerstein. Was aber nicht bedeuten solle, dass „relaxen“ am Arbeitsplatz an erster Stelle stehen solle. Schließlich müsse ein Betrieb wirtschaftlich arbeiten. „Doch wenn er seinen Mitarbeitern ein Wohlfühl-Klima schafft, sinkt der Krankenstand, aber die Motivation steigt, beste Leistungen abzuliefern“, sagt der IZAG-Geschäftsführer. Und: Werden Unternehmen als nachhaltig wahrgenommen, könnten sie ihren Umsatz um bis zu zehn Prozent steigern – das habe eine Umfrage der „Wirtschaftswoche“ ergeben.
Er hat sich an diesem Tag mit Detlef Müller verabredet. Der Bernburger ist Inhaber eines Friseursalons, den nicht nur die Kundinnen und Kunden als Oase empfinden sollen, sondern auch seine Angestellten. Was besondere Anforderungen stellt an den Meister dieser Zunft: Das lange Stehen, die einseitige Körperbeanspruchung beim Föhnen und Schneiden, das Hantieren mit verschiedensten Farben, Pflegeprodukten und mit technischen Geräten ... kann er nicht verhindern, aber in der Belastung mildern. Ebenso muss er als Chef ein Klima der „Angstfreiheit“ schaffen, denn die Arbeit im Dienstleistungsgewerbe bringt möglicherweise auch Konfliktsituationen mit dem Kunden mit sich. Gewisse soziale Kompetenzen sind also angebracht, um selbst gesund zu bleiben.
1993 hatte sich der heute 56-Jährige selbständig gemacht. Wohlwissend, was das bedeutet, denn schon die Eltern betrieben einen eigenen Friseurbetrieb. Allerdings, sagt Detlef Müller, hätten sich die gesetzlichen Auflagen für einen Handwerksbetrieb inzwischen so drastisch erhöht, dass er da gern externe Hilfe in Anspruch nimmt. Schließlich müsse und wolle er mitarbeiten im Salon – wegen der eigenen Freude am Handwerk und auch wegen der Kundenbindung. Ralph Angerstein nickt bestätigend: „Unser Beraterpool behält etwa Arbeitsschutz- und Brandschutzbelehrungen wie auch die entsprechenden Maßnahmen und Dokumentationspflichten im Auge, damit sich die Betriebe auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.“
Das IZAG arbeitet zudem mit dem bundesweiten Beratungsprogramm INQA – „Initiative Neue Qualität der Arbeit“. Das richtet sich sowohl an die Arbeitgeber als auch an die Arbeitnehmer. Regionale Pools von kompetenten Experten unterstützen die kleinen und mittleren Unternehmen dabei, eine zukunftsfähige und mitarbeiterorientierte Personalpolitik zu entwickeln. „Im Fokus liegen Personalführung, Chancengleichheit und Diversity, Gesundheit, Wissen und Kompetenz“, sagt Angerstein und dass sein Institut gemeinsam mit der Unternehmensführung und den Beschäftigten maßgeschneiderte Konzepte und Handlungsempfehlungen erarbeitet.
Die Angestellten im Friseursalon Müller sind im Alter von 18 bis 68 und bedienen – auf die Frisur bezogen – durchweg die Interessen aller Generationen. Was die Interessen und Wünsche seiner Mitarbeiter betrifft, habe er eine anonyme Befragung durchgeführt und einiges unternommen wie auch investiert.
Der neue, modern eingerichtete Friseursalon „macht was her“ – und die hier arbeiten, strahlen Lebensfreude aus. Das mag auch an den gemeinsamen Unternehmungen über die Arbeitszeit hinaus liegen. Betriebsfeiern, Fitness-Studio, Ernährungsberatung hat der Chef auf seiner Agenda – wie auch Auslandspraktika zur Attraktivitätssteigerung für Fachkräftenachwuchs und Auszubildende.