Seit beinahe 50 Jahren lebt Peter Ibe inmitten des Biosphärenreservates „Mittelelbe“ – und noch immer kann ihn die Natur hier überraschen. „Ich höre nicht auf, über den Erfindungsgeist dieser ursprünglichen Landschaft zu staunen“, sagt der 71-Jährige und stiefelt voran durch das hohe Gras der Elbaue. Beinahe täglich zieht es ihn in seine Oase. Hier „genießt“ er die unterschiedlichsten Stimmungen der Landschaft – bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit. Eigentlich immer hat er seine Fotokamera dabei, um die ganz besonderen Momente aus dem Leben der Tiere und Pflanzen an ihren verborgenen Plätzen einzufangen. Der Naturliebhaber besitzt die ausgeprägten (Spür)Sinne des Eingeweihten. Denn die Natur hat ihn längst als Familienmitglied aufgenommen. „Schon als Kind fühlte ich mich in den grünen Lebensräumen wohl. Hier lernte ich von meinem Vater, die Vogelstimmen zu unterscheiden und Tiere zu sehen, die sich gern vor dem menschlichen Auge verstecken“, erzählt er.
Sein frühes Engagement für den Schutz der lieb gewonnen Wildnis mündete in einen beruflichen Weg. 1973 war Peter Ibe der erste hauptamtliche Naturschutzwart der DDR und zuständig unter anderem für das Naturschutzgebiet Steckby-Lödderitzer Forst. Als in Westdeutschland die Großtrappe längst ausgestorben war, machte er sich hier in der Biologischen Station in Steckby um die künstliche Trappenaufzucht verdient. Dann rückte ein pelziges Tier in seinen Fokus. „Mitte der 1970er-Jahre wurden wegen des Braunkohleabbaus zehn Kilometer des Mulde-Flusses trockengelegt. Der Biber war dort seiner Lebensgrundlage beraubt“, erzählt Ibe und dass Castor Fiber Albicus umziehen musste – nämlich an die Peene in Mecklenburg. Später durfte der Elbebiber sogar „ausreisen“ und sich u.a. in den Niederlanden, in Dänemark sowie im Saarland fortpflanzen. Dort war der Biber ausgestorben und als Landschaftsgestalter wieder sehr willkommen.
Als „Biber-Vater“ ist Peter Ibe in die Geschichte dieser Um- und erfolgreichen Ansiedlungsprojekte eingegangen. Nächtelang warteten er und sein Biberfänger-Team geduldig mit großen Netzen auf die nachtaktiven Tiere. „Die Familien möglichst komplett auf Reisen zu schicken, ist eine Biberfänger-Ehre“, sagt Ibe, dessen Name sich im Biber versteckt. Man kann es als Zufall sehen oder als Vorherbestimmung – der versierte Biber-Experte jedenfalls ist auch als Mediator unterwegs, weil die fleißigen Nager, die mit Begeisterung Burgen und Dämme bauen, manchmal für Konflikte mit den Menschen sorgen.
Auch, um die Mitmenschen für die lebens- und liebenswerte Natur zu sensibilisieren, hat Peter Ibe auf seinen Entdeckungstouren die Kamera dabei. Er veröffentlicht Fotos in Büchern und Magazinen, hält Vorträge, bekommt die Möglichkeiten für Ausstellungen und Auftritte in Funk und Fernsehen. „Für mich“, sagt er, „ist die Natur von Kindesbeinen an eine Kraftquelle. Die möchte ich nicht anzapfen, ohne ihr etwas zurückzugeben.“ Als Verwaltungsmitarbeiter im Biosphärenreservat „Mittelelbe“ wusste der Arten- und Biotopschützer immer das Glück zu schätzen, das Hobby mit dem Beruf zu verbinden. „Seit der Pensionierung 2013“, sagt er, „liebe ich aber auch meine Freiräume. Die Natur kümmert es nicht, wenn der Fotograf keine Zeit hat.“ Peter Ibe lacht. Für diesen Tag hat er seinen Platz gefunden, wo er gut getarnt ein stundenlanges Naturschauspiel verfolgen wird.